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Reisewunder: Felix Jud, Hamburg

Wohl als Kompensation für meine Bereitschaft, überhaupt eine Reise zu machen (Und dann nach Hamburg. Und mit dem Auto.) hatte meine Frau einen Besuch bei „Felix Jud“ aufs Programm gesetzt, den Tipp einer (tollen) Kollegin beherzigend. Ich war, wie üblich (Hamburg, Auto, Parken), eher mürrisch und wenig geneigt, einer Buchhandlung Chancen einzuräumen, meine Stimmung zu heben, wiewohl sie natürlich per se größere Chancen hat als ein Restaurant, eine Bar oder irgendwas anderes.

Tatsächlich ist der schmale, hohe Laden eine Offenbarung: Exorbitant gut sortiert auf kleinem Raum, war ich nach kurzer Zeit doch froh, ein Kauflimit auferlegt bekommen zu haben, und als ich mich, überfordert von all den Reizen auf vielleicht 30qm Ladenfläche im Erdgeschoss, an der Reihe der Merkur-Hefte festhielt, die neben der Kasse aufgereiht waren, sprach mich ein Fremder an: „Wenn Sie den Merkur in die Hand nehmen, müssen Sie die Sonderausgabe von Julian Barnes ‚Kunst sehen‘ lesen, die da oben auf dem Regal steht.“ Julian Barnes mag ich, Sonderausgaben ohnehin, und es war die letzte. Felix Jud gehört nämlich zu einer Buchhandelskorporation namens „5plus“, die eigene Ausgaben besonderer Werke verlegt, darunter eben dieser schmale, gekreppte Barnes-Band; und ein eigenes Magazin, aus dem ich auch ungefähr alles lesen würde – was auf die Literaturteile von ZEIT, FAZ, taz und SZ definitiv nicht zutrifft -, haben sie auch noch, sodass ich die fehlenden Bücher einfach zu meinem heimischen Buchhändler zu bestellen begann – beginnend mit Andrea Giovenes „Ein junger Herr aus Neapel“, das Geld muss ja auch im Ort bleiben.

Der Buchhändler, jedenfalls, musste den Band vom Regal holen, wollte eigentlich den Herrn bedienen, der mich auf denselben hingewiesen hatte, der aber verzichtete: „Nein, machen Sie mal erst dort weiter. Ich habe das große Glück, heute mal ohne Frau und Kind zu sein und werde den ganzen Nachmittag hier verbringen können, und etwas anderes werde ich auch nicht tun.“ Würde ich genauso machen.

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